Der Rckkehrer - Andriy Shevchenko zeigt als Trainer der 11FREUNDE

Italien im Sommer 1989. Obwohl der eiserne Vorhang erst in wenigen Monaten fallen wird, kommt der 12-jhrige Andriy Shevchenko schon etwas frher in den Genuss, das se Leben jenseits der zerfallenden Heimat zu entdecken. Im Rahmen eines Jugendturniers reist er damals mit einer Jugendauswahl von Dynamo Kiew nach Agropoli, einer malerischen Kstenstadt etwa 100 Kilometer

Ita­lien im Sommer 1989. Obwohl der eiserne Vor­hang erst in wenigen Monaten fallen wird, kommt der 12-jäh­rige Andriy Shev­chenko schon etwas früher in den Genuss, das süße Leben jen­seits der zer­fal­lenden Heimat zu ent­de­cken. Im Rahmen eines Jugend­tur­niers reist er damals mit einer Jugend­aus­wahl von Dynamo Kiew nach Agro­poli, einer male­ri­schen Küs­ten­stadt etwa 100 Kilo­meter süd­lich von Neapel. Für den kleinen Andriy, so beschreibt er es in seiner auf Ita­lie­nisch erschienen Bio­gra­phie Forza Gen­tile“ („Sanfte Kraft“), war es Liebe auf den ersten Blick. Er schwor sich damals, zurück­zu­kehren. Zum EM-Vier­tel­fi­nale gegen Eng­land kommt er wieder nach Ita­lien.

Seine erfolg­reichste Zeit erlebte Andriy Shev­chenko aller­dings nicht in Rom, wo das Spiel heute Abend statt­finden wird, son­dern in Mai­land. Nachdem ihm bei Dynamo Kiew bereits als 18-Jäh­riger der Schritt zu den Profis gelang, wurde bald ganz Europa auf ihn auf­merksam. Spä­tes­tens 1997, nach einem Hat­trick gegen den FC Bar­ce­lona in der Cham­pions League Grup­pen­phase, kannten ihn alle. Im Sommer 1999 ver­pflich­tete AC Milan den jungen Stürmer dann und hatte sofort große Freude an ihm: Shev­chenko wurde mit 24 Toren auf Anhieb Tor­schüt­zen­könig in der Serie A und wurde bei den Rossoneri in der Folge zu einem dem besten Stürmer der Welt. Dabei bestach er vor allem durch seine Viel­sei­tig­keit. Shev­chenko traf mit links und rechts – und auch sehr gerne per Kopf. Dar­über hinaus war er schnell und den­noch kör­per­lich robust. Ein echter All­rounder eben.

Zwei große Lehr­meister

Seine Viel­sei­tig­keit hat Shev­chenko vor allem einem zu ver­danken: Valeri Vas­sil­je­witsch Loba­novski. Die ukrai­ni­sche Trai­ner­le­gende holte den jungen Andriy damals bei Dynamo Kiev zur Pro­fi­mann­schaft und formte ihn in der Fol­ge­zeit zu dem Stürmer, für den die Ita­liener dann immerhin 24 Mil­lionen Euro bezahlten. In seiner Bio­gra­phie fasste Shev­chenko seine Bezie­hung zum großen Meister einmal so zusammen: Er wurde Colonel genannt. Und ich war sein treuer Soldat auf dem Feld. Er schlug mich, ver­zau­berte mich. Ich hörte auf seine Befehle, arbei­tete, wuchs, wurde besser. Ohne ihn gäbe es mich nicht. Ich habe für ihn gekämpft, bis zum letzten Tropfen Schweiß gear­beitet, ich bin durch den Dreck gewatet, weil es keinen ein­fa­chen Weg zum Ruhm gibt. Sein Trai­ning war ein Test der Stärke, bis zur Erschöp­fung.“

Auch in Mai­land durfte er dann von einem Großen lernen. Nachdem er in seinen ersten beiden Jahren mit Alberto Zac­che­roni, Mauro Tas­sotti und Fatih Terim drei ver­schie­dene Trainer ken­nen­lernte, folgte die gol­dene Ära unter Carlo Ance­lotti. Im Gegen­satz zu Loba­novski ver­steht dieser sich nicht als knall­harter General, son­dern als Freund der Spieler und beson­nene Füh­rungs­per­sön­lich­keit, die eine Mann­schaft zu einer Ein­heit formen will. Aber der Ita­liener gilt eben auch als jemand, der sich nicht scheut, wenn nötig auch mal prag­ma­ti­schen und ergeb­nis­ori­en­tierten Defen­siv­fuss­ball spielen zu lassen. Loba­novskis und Ance­lottis prä­gende Ein­flüsse auf die Spie­ler­kar­riere Shev­chenkos finden sich nun auch in seinem Trai­ner­stil wieder. Bei der ukrai­ni­schen Mann­schaft tritt er als starker und den­noch cha­ris­ma­ti­scher Anführer auf, der einen selbst­be­wussten Spiel­stil bevor­zugt und einen engen Kon­takt zu den Spie­lern pflegt.

Wir haben eine wirk­lich enge Freund­schaft abseits des Platzes. Aber auf dem Feld ist Andriy Shev­chenko natür­lich der Chef und Trainer“

Andriy Yarmolenko

Bereits in der Qua­li­fi­ka­tion zur Euro­pa­meis­ter­schaft wurde dies deut­lich. Die Ukrainer kas­sierten in acht Spielen gerade einmal vier Gegen­treffer und wurden sogar vor Titel­ver­tei­diger Por­tugal Grup­pen­erster. Dabei trat die Mann­schaft stets als Ein­heit auf, war tor­ge­fähr­lich und spielte, ange­sichts der jungen Mann­schaft und des eigent­lich uner­fah­renen Trai­ners, über­ra­schend sou­verän. Andriy Shev­chenko ist es offenbar gelungen, um die drei erfah­renen Füh­rungs­spieler Ruslan Mali­now­skyj, Olek­sandr Sint­schenko und Andriy Yar­mo­lenko eine Mann­schaft zu ent­wi­ckeln, die mehr als die Summer ihrer Teile ist. Dazu agiert er, ent­spre­chend seiner sport­li­chen Zieh­väter, als Auto­rität und Freund: Wir haben eine wirk­lich enge Freund­schaft abseits des Platzes. Aber auf dem Feld ist Andriy Shev­chenko natür­lich der Chef und Trainer“, sagt Andriy Yar­mo­lenko.

Natür­lich darf an dieser Stelle nicht ver­schwiegen werden wie glück­lich das Wei­ter­kommen der Ukrainer in diesem Tur­nier zustande gekommen ist. Gerade einmal 3 Punkte aus dem knappen Sieg gegen Nord­ma­ze­do­nien und der späte Sieg­treffer der Schweden im letzten Grup­pen­spiel gegen Polen genügten, um ins Ach­tel­fi­nale ein­zu­ziehen. Dort trafen die Schweden Pfosten und Latte. Doch die Geschichte ließe sich eben auch anders erzählen. Man denke an das starke Come­back gegen die Nie­der­lande, als sie inner­halb von vier Minuten einen zwei Tore-Rück­stand aus­glei­chen konnten und am Ende nur unglück­lich mit 2:3 ver­loren. Oder an die Ner­ven­stärke im Ach­tel­fi­nale gegen Schweden, als sie mit dem Sieg­treffer Sekunden vor Schluss der Lot­terie im Elf­me­ter­schießen ent­gingen.

In das Vier­tel­fi­nale gegen Eng­land im Stadio Olim­pico zu Rom gehen die Ukrainer unter Andriy Shev­chenko nun als klarer Außen­seiter. Doch viel­leicht liegt gerade darin auch eine rie­sige Chance. Die Mann­schaft dürfte kei­nerlei Druck mehr ver­spüren und hat mit Andriy Shev­chenko einen Trainer, der an jenen Ort zurück­kehrt, an dem er sich vor 32 Jahren schwor, zurück­zu­kehren. Sicher­lich wird er heute Abend auch an seinem Mentor von Dynamo Kiev denken, den er im 11Freunde-Inter­view einmal zitierte: denn schon Waleri Loba­nowski hat immer gesagt, dass man nur mit Ord­nung und Dis­zi­plin auch gegen spiel­stär­kere Gegner bestehen kann.“

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