Rocco'n Roll! 11FREUNDE

Das ist wirklich unglaublich. Ich wei nicht, wie oft ich mir das vorgestellt habe. In Zeiten von Ich-habe-schon-frher-in-Bettwsche-von-Verein-XY-geschlafen-Erzhlungen keine sonderlich auergewhnliche Aussage, die Rocco Reitz nach seinem ersten Bundesligator fr Borussia Mnchengladbach im Spiel gegen Wolfsburg ins Mikro der ARD sprach. Der junge Gladbacher muss sich aber keine vorgefertigte Liebeserklrung in den Mund legen lassen,

Das ist wirk­lich unglaub­lich. Ich weiß nicht, wie oft ich mir das vor­ge­stellt habe.“ In Zeiten von Ich-habe-schon-früher-in-Bettwäsche-von-Verein-XY-geschlafen“-Erzählungen keine son­der­lich außer­ge­wöhn­liche Aus­sage, die Rocco Reitz nach seinem ersten Bun­des­li­gator für Borussia Mön­chen­glad­bach im Spiel gegen Wolfs­burg ins Mikro der ARD sprach. Der junge Glad­ba­cher muss sich aber keine vor­ge­fer­tigte Lie­bes­er­klä­rung in den Mund legen lassen, um den Fans ein Gefühl von Ver­eins­ver­bun­den­heit zu geben, denn: Rocco Reitz ist nicht nur auf dem Platz ein beson­derer Fuß­baller.

Der 21-Jäh­rige wurde seit 2009 in den Jugend­mann­schaften der Borussia aus­ge­bildet, ist aber auch von Geburt an Mit­glied des VfL. Sogar ein Angebot der Bayern lehnte er im Alter von 16 Jahren ab, er wollte bei der Borussia bleiben. Bis er aber den Weg in die Startelf seines Her­zens­ver­eins gefunden hatte, musste Reitz zweimal eine kleine Abzwei­gung nehmen. Zweimal führte ihn diese nach Bel­gien. Nachdem er, damals noch zarte 18 Jahre jung, unter Marco Rose sein Bun­des­liga-Debüt gefeiert hatte, wech­selte er zur Saison 2021/22 leih­weise nach Sint-Truiden, um dort Spiel­praxis zu sam­meln. Unter Trainer Bernd Hol­ler­bach gelang ihm das, er kehrte an den Nie­der­rhein zurück, um dort den Durch­bruch in die erste Elf zu schaffen. Als zur Win­ter­pause nur zwei Ein­sätze für Glad­bachs erste Mann­schaft zu Buche standen, ging es zurück nach Bel­gien—wieder nach Sint-Truiden. Dort war immer noch Hol­ler­bach Trainer, der ihn direkt zu einer Stamm­kraft im Mit­tel­feld machte. Im Sommer von der Leihe zurück an den Rhein gekommen, ist Reitz inzwi­schen auch in Mön­chen­glad­bach gesetzt.

Reitz, der Ball­träger

Denn Rocco Reitz bringt dem Zen­trum von Fohlen-Coach Gerardo Seoane ein Attribut, das mit Spie­ler­typen wie Flo­rian Neu­haus oder Julian Weigl selten asso­zi­iert wird: Dynamik. Reitz ist auf dem Feld zwi­schen den beiden Straf­räumen aktiv, ein moderner Box-to-Box-Spieler. Beson­ders das Tragen des Balls in Rich­tung des geg­ne­ri­schen Tors ist eine seiner Kern­qua­li­täten. Die Metrik Pro­gres­sive Car­ries“, die genau dieses Ball­tragen misst, weist ihn laut dem Sta­tistik-Portal fbref​.com als einen der Besten dieser Dis­zi­plin in den fünf euro­päi­schen Top­ligen aus. Diese Stärke prä­sen­tierte Reitz in dieser Saison schon mehr­fach ein­drucks­voll, unter anderem beim 3:3 gegen Darm­stadt. Er erhielt den Ball am Mit­tel­kreis und drib­belte los in Rich­tung des geg­ne­ri­schen Tors. Auf dem Weg schüt­telte Reitz einen Hes­sener Ver­tei­diger ab und legte an der Straf­raum­kante den Ball rechts an einem wei­teren vorbei, wäh­rend er links um ihn her­um­lief. Vor Tor­wart Schuhen hatte er dann noch den Blick für Jordan, der völlig frei­ste­hend ein­netzte.

Reitz’ Fähig­keit, den Gegner so vor Pro­bleme zu stellen, fangen die Schwä­chen Julian Weigls, neben dem er in der Regel spielt, wun­derbar auf. Der besticht durch sein her­aus­ra­gendes Pass­spiel, ist aber kaum dafür bekannt, sich im offen­siven Teil des Feldes ein­zu­schalten. Ist Weigl wie der Diri­gent eines klas­si­schen Orches­ters, findet sich Reitz im Plat­ten­laden eher in der Rock-Abtei­lung wieder. Mit ihm in der Startelf hat für Glad­bach eine schwach gestar­tete Saison Fahrt auf­ge­nommen. Von den letzten sechs Par­tien verlor die Borussia nur die gegen den 1.FC Köln—das ein­zige Spiel, in dem der 21-Jäh­rige nicht von Anfang an auf dem Platz stand. Auch wenn zur Wahr­heit gehört, dass er die vielen Spiel­mi­nuten auch Ver­let­zungen und einer Rot­sperre von Manu Koné ver­dankt: Reitz nutzte seine Chancen und ist im Moment aus dem Glad­ba­cher Mit­tel­feld nicht weg­zu­denken.

Einer aus der Nord­kurve

Die sport­li­chen Fähig­keiten allein sind es jedoch nicht, die Reitz’ Geschichte so beson­ders machen. Scou­ting­feed zu und Tak­tik­tafel bei­seite: Ein Spieler, der nicht nur seine ganze Aus­bil­dung im eigenen Verein ver­bracht hat, son­dern schon davor stark mit dem Klub ver­bunden war, dürfte der Traum so ziem­lich jeden Fans sein. So etwas kommt im modernen Fuß­ball kaum noch vor. Zwar gibt es in der Bun­des­liga Vor­gaben, wie viele soge­nannte Local Player“, also Spieler, die vom Verein aus­ge­bildet wurden, im Kader stehen müssen. Die meisten von ihnen spielen aller­dings sport­lich kaum eine Rolle. Aus­nahmen sind bei­spiels­weise der Frei­burger Kapitän Chris­tian Gün­ther oder Thomas Müller. Einen Spieler wie Reitz im Kader zu haben ist also kei­nes­wegs selbst­ver­ständ­lich. Die Glad­ba­cher küm­mern sich logi­scher­weise intensiv darum, dass er dem Verein erhalten bleibt und wei­teten seinen Ver­trag unlängst bis zum Sommer 2026 aus. Neben Reitz’ sport­li­chem Mehr­wert kann er für die Fans der Borussia etwas werden, das im modernen Fuß­ball­ge­schäft immer rarer gesät ist: eine Iden­ti­fi­ka­ti­ons­figur.

Genau das sind Spieler wie Gün­ther oder Müller, und auch Glad­ba­cher Urge­steine wie Patrick Her­mann oder Tony Jantschke. Und Reitz könnte der nächste sein. Zwi­schen Fuß­bal­lern, die nur dem dicksten Scheck hin­ter­her­rennen und sich einen feuchten Keh­richt um den Verein scheren, dessen Trikot sie tragen, sind Kicker wie Rocco Reitz eine kleine Blase im modernen Fuß­ball­ge­schäft. Hier können sich Fans noch wirk­lich ver­bunden fühlen mit dem Akteur auf dem Platz, ver­bunden durch die Liebe zum Verein. Jah­re­lang hatte der Mit­tel­feld­ak­teur auf der Nord­tri­büne gemeinsam mit Vater und Paten­onkel seinen Platz und feu­erte die Foh­lenelf an. Jetzt steht Reitz selbst auf dem Feld. Einer aus der Nord­kurve.

Auch beim DFB ver­läuft Reitz’ Kar­riere unge­wöhn­lich, oder eher: nicht ganz modern. Denn die meisten seiner Mit­spieler in der U21 haben meh­rere Junio­ren­na­tio­nal­mann­schaften durch­laufen. Er aller­dings absol­vierte bisher ledig­lich ein Spiel für die U16. So ent­gegen dem Zeit­geist gerichtet sich Reitz’ Lauf­bahn bisher zeigt, so up to date ist sein Spiel. Kein Wunder also, dass Antonio di Salvo ihn nun zum zweiten Mal nach­ein­ander nomi­niert hat. Rocco Reitz könnte am heu­tigen Frei­tag­abend den nächsten Schritt gehen und sein Debüt für die U21-Natio­nalelf feiern. Wer weiß, wie viele Ein­sätze noch dazu­kommen, bis Julian Nagels­mann in Mön­chen­glad­bach durch­klin­gelt.

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